Fremdkörper verschluckt

… ein Spaziergang mit gefährlichem Ausgang

ein Beitrag von Ute Klubert, Redaktion „der Terrier“ im Klub für Terrier (KfT)

Hunde lieben Spaziergänge und die große Freiheit lockt, sobald die Leine gelöst wird. Dann wird geschnüffelt, markiert, gekratzt, gesucht und gebuddelt. Die Palette der hündischen Aktivitäten ist erfinderisch lang. Der Hund im Freilauf sollte auf Ruf hören, sich nur in einem bestimmten Radius zum Frauchen/Herrchen bewegen – und vor allem nichts Fremdes vom Boden aufnehmen und fressen.

Der Vierbeiner lernt das in jungen Jahren, nur wenn die Wildnis lockt, dann schafft Partner Hund es leider nicht immer, gegen seinen Jagd- und Fresstrieb anzukommen.

An dieser Stelle berichten wir von einem authentischen Fall, der sich Ende September dieses Jahres im Rheingau zugetragen hat.

An einem schönen Samstag wollte Frauchen noch schnell eine Runde mit ihren beiden Cairn Terriern laufen, morgen war eine längere Tour mit Cairn Terrier Freunden geplant.
Die beiden Hunde, eine 12 Jahre alte Hündin und der 6 Jahre alte Rüde, sind ein eingespieltes Team, laufen nicht weg und kennen ihre Gassirunde sehr genau. Beide wissen, an welchem Ort die Möglichkeit besteht, andere Hunde zu treffen oder wo es sich lohnt, ausgiebig zu schnüffeln und zu markieren.

Direkt neben einem frequentierten Weg, mitten in den Weinbergen, finden sie zusammen einen Wildknochen. Nun ist alle Erziehung vergessen: Jeder schnappt sich ein Stück und versucht damit, in entgegengesetzten Richtungen, zu entkommen. Der Hündin konnte die Besitzerin ihr Stück abnehmen, der Rüde nutzt die Gelegenheit und verschwindet mit seinem Stück in den Rebenzeilen, sodass die besorgte Besitzerin nicht gleich Zugriff auf ihn hat. Bei Erreichen des Terriers hat dieser schon sein großes Stück Knochen zerkaut und geschluckt, das letzte Stück blieb direkt im Hals stecken und nur durch das beherzte Eingreifen des Frauchens (der Hund wurde gepackt und auf den Kopf gestellt) konnte das Stück wieder herausgespuckt werden.

Besorgt um die Hunde, wurde der Spaziergang abgebrochen und die Hunde zu Hause beobachtet. Die Hündin zeigte keinerlei Anzeichen, aber der Rüde fing an, sich sichtlich zu quälen und ein erster Haustierarztbesuch war unumgänglich. Dieser spritzte ein Mittel zum Erbrechen, Knochenreste kamen leider nicht zum Vorschein.

Nach einer sehr unruhigen Nacht, der Rüde hatte offensichtlich sehr große Bauchschmerzen, fuhr die Besitzerin in eine Tierklinik. Nach eingehender Erstuntersuchung konnte ein weiteres Knochenstück aus dem Anus gegriffen und entfernt werden. Auf den Röntgenbildern war ein weiteres Knochenteil im Darmtrakt zu erkennen, welches auf natürliche Art herauskommen sollte. Der Cairn Terrier musste deshalb am nächsten Tag dem örtlichen Kollegen zum Kontrollröntgen erneut vorgestellt werden. Zum Glück war dieses Stück gewandert und der Darmverschluss abgewendet.

Der Hund hatte während dieser Zeitspanne große Probleme mit der Futter- oder Wasseraufnahme.

Nachdem es dem Hund am vierten Tag nach dem Knochenfraß noch nicht besser ging, er ständig hustete, keine Nahrung und Flüssigkeit mehr zu sich nahm, auch die Zwangsernährung komplett wieder hervorgewürgte, entschied sich die Besitzerin, ihn erneut in der Tierklinik vorzustellen.

Aufgrund der Regurgtierungs Symptome (Bezeichnung für das Zurückbringen von fester oder flüssiger Nahrung aus dem Magen/Speiseröhre in die Mundhöhle) wurde der Rüde erneut geröntgt, diesmal mit einer anderen Perspektive. Endlich konnte man das Knochenstück Nr. 4 deutlich erkennen. Dieses steckte mit einer Größe von einem daumendicken „5 Mark Stück“ in der Speiseröhre, direkt über dem Herzen, fest.

Mithilfe der sofort eingeleiteten Endoskopie wurde das Knochenstück unter Narkose schnellstens entfernt. Durch die lange Verweildauer in der Speiseröhre und der nicht unerheblichen Größe hatte das Knochenstück eine massive Reizung und eine Drucknekrose entwickelt. Es besteht fortan das Risiko einer Oesophausstriktur. Diese Bezeichnung steht für eine hochgradige Einengung, Entzündung oder Vernarbung in einem Hohlorgan, in diesem Falle der Speiseröhre.

Der Cairnrüde wurde noch am selben Tag mit einem entsprechenden Futter- und Beobachtungsplan entlassen. Er darf künftig nur noch püriertes Futter zu sich nehmen. Um den Halsbereich zu schonen wurde ein gutsitzendes Geschirr anstelle des Halsbandes empfohlen, sowie Leinenzwang auferlegt. Mit einem Maulkorb sollte der Hund in Zukunft an der Aufnahme von festen Materialien im Außenbereich gehindert werden. Jedes Verschlucken von Kleinstpartikeln könnte für ihn tödlich sein.

Die Tapferkeit des Terriers hätte ihm beinahe das Leben gekostet. Hätte er schon am ersten Tag seine Schmerzen deutlicher gezeigt, indem er ständig gejammert und gewinselt hätte, wie es normalerweise die meisten Hunde tun würden, so hätten die Tierärzte schneller nach einer alternativen Diagnose gesucht.

So wird ihn das „Abenteuer mit dem Knochen“ sein Leben lang begleiten.

Geben Sie Acht auf Ihren tierischen Gefährten! Fremdkörper sind – egal ob draußen oder drinnen – so schnell verschluckt und dies kann leider auch einen tödlichen Ausgang nehmen.

Ute Klubert

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